Rücken-, Schulter- oder Nackenschmerzen? Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass diese häufig auf verklebte Faszien zurückzuführen sind. Sicherlich hast du schon mal von ihnen gehört: den Faszien. Sie durchziehen deinen gesamten Körper. Doch was sind Faszien?
Das erwartet dich in diesem Blog-Artikel:
Was sind Faszien?
Einfach gesagt, Faszien sind kollagene Fasern und echte Multitalente. Stell dir mal eine Orange vor. Jedes einzelne Fruchtstück ist von einem weißen, hauchdünnen „Häutchen“ umgeben. Dieses weißliche Bindegewebe ist die Faszie und sie steckt auch in deinem gesamten Körper. Jeder deiner Knochen, jedes Organ und vor allem jeder Muskel in dir ist von Faszien umhüllt. Sie halten nicht nur deinen Körper zusammen und geben dir Stabilität. Sie ermöglichen auch Bewegungen und versorgen deinen Körper mit wichtigen Nährstoffen.
Orange zur Veranschaulichung des weißen Fasziengewebes
Das Fasziengewebe – das größte Sinnesorgan deines Körpers
Wusstest du, dass das gesamte Fasziensystem als das größte Sinnesorgan gilt, weil es permanent Eindrücke an das Gehirn weiterleitet? In deinen Faszien befinden sich viele sensorische Rezeptoren, die auf mechanische und chemische Reize reagieren genauso wie auf Temperaturschwankungen.
Werden deine Faszien nicht regelmässig gedehnt oder nur einseitig belastet, können sie verkleben und ihre Elastizität verlieren. Da sie an jeder kleinen Muskelbewegung beteiligt sind, können sie die umhüllte Muskelpartie sogar in ihrer Bewegungsfähigkeit einschränken.
Warum dir deine Faszien helfen, wenn dein Chef hinter dir steht
Für solche Verklebungen gibt es vielfältige Ursachen. Bewegungsmangel, Fehlhaltungen oder Stress sind die bekanntesten Ursachen. Bewegungsmangel und Fehlhaltungen als Ursache findest du einleuchtend, aber Stress?
Nun, erinnere dich einmal an die sensorischen Rezeptoren in deinen Faszien, die auf chemische Reize reagieren. Bei Stress schüttet dein Gehirn Hormone – also chemische Reize – aus, um deinen Körper in Alarm zu versetzen. Diese Stresshormone sind grundsätzlich erst einmal gut, denn sie sorgen dafür, dass sich die Faszien zusammenziehen und straffen und dadurch Spannung im Körper erzeugen. Diese Spannung wird benötigt, um die stressauslösende Situation zu bewältigen.
Dies nennt sich Flucht-Kampf-Mechanismus. Durch die Spannung wird Energie freigesetzt, um entweder zu Flüchten, zu Kämpfen oder zu Erstarren. Das gilt nicht nur, wenn du einem Säbelzahntiger begegnest, der dein Leben bedroht, sondern auch in „normalen“ stressigen Situation, z.B. wenn dein Chef plötzlich hinter dir steht. Dein Körper versetzt dich automatisch in die Lage, diese Situation zu meistern.
Mehr zum Thema Stress findest du auch in diesem Blog-Artikel.
Lebensbedrohender Säbelzahntiger; Sinnbild für einen Stressauslöser
Welche Faszien gibt es?
Genau genommen sind es nicht mehrere Faszien, sondern nur eine einzige, große Faszie. Auch wenn wir im Sprachgebrauch oder wie hier im Artikel immer den Plural nutzen, müssten wir eigentlich im Singular sprechen, denn die Faszie hat weder Anfang und noch Ende. Sie ist ein einziges großes Netzwerk, dass unseren gesamten Körper durchzieht.
Das wir meist von mehreren Faszien sprechen liegt daran, dass es im Körper verschiedene Faszienzüge gibt. Gemeint sind damit größere und längere Zuglinien, die über die gesamte Länge unseres Körpers verlaufen und für unsere Bewegungsfähigkeit eine große Rolle spielen.
Es gibt zum Beispiel die rückwärtige Faszienzuglinie, die von der Unterseite der Füße über die Wade und die Oberschenkelrückseite am Rücken entlang und von dort über den Nacken und den Schädel bis nach vorn zu den Augenbrauen führt.
Rückwärtiger Faszienzug
Die Aufgabe dieser Zuglinie ist das Stützen und Schützen der gesamten Körperrückseite sowie die Aufrichtung des Körpers.
Insgesamt gibt es folgende Zugbahnen:
- rückwärtige Linie (Körperrückseite, siehe Bild)
- frontale Linie (Körpervorderseite)
- seitliche Linien (rechte und linke Körperseite)
- spirale Linien (umhüllen den Körper wie eine Doppelspirale)
- frontale Armlinien (Handinnenfläche bis zum Brustkorb)
- rückwärtige Armlinien (Handaußenflächen bis zum Schulterblatt
Warum Faszien verkleben
Wie eingangs geschildert sind Bewegungsmangel, Fehlhaltungen oder Stress die bekanntesten Ursachen für fasziale Verklebungen. Da sowohl Bewegungsmangel als auch Fehlhaltungen genauso Stress für deinen Körper bedeuten wie mentaler Stress, möchte ich hier näher darauf eingehen, was dann passiert…
Wenn der Stress nämlich nicht nachlässt, bleiben die Anspannung sowie die Hormone in deinem Körper bis hin zur Ver-Spannung. Hält diese Verspannung dauerhaft an, kann dein Körper nicht mehr so gut mit Nährstoffen versorgt werden. Es kommt zu andauernden Muskelverspannungen und Verklebung deiner Faszien.
Häufig ist es so, dass bei Verspannungen dann auch noch eine Schonhaltung eingenommen wird. Dein Körper ist als lebender Organismus in der Lage, sich den neuen Anforderungen anzupassen und eine andere Haltung einzunehmen. Leider macht es das auf Dauer nicht besser, daher ist es wichtig, diese Verspannungen und Verklebungen regelmässig durch Bewegung wieder zu lösen und auch dein Stresslevel zu senken.
Für beides ist Yoga ideal, zusätzlich noch gezielt die verklebten Faszien zu bearbeitet ist aber ebenfalls hilfreich. Anders als Filzpantoffeln, die – einmal gefilzt – nie mehr zurück zu einem Wollfaden werden, lassen sich Verklebungen im faszialen Gewebe nämlich wieder lösen.
Einmal gefilzt, wird der Pantoffel nie mehr zu einem Wollfaden. Anders die Faszie: ist sie verklebt, kann die Verklebung gelöst werden
Verklebte Faszien lösen
Wie du ja schon weißt, sind deine Faszien untereinander verbunden und bilden so ein großes Netzwerk in deinem Körper. Nicht immer muss also die Ursache für einen Schmerz oder eine Verklebung auch genau dort liegen, wo der Schmerzpunkt ist. Daher kann es hilfreich sein, deine Faszien nicht nur an einer Stelle zu bearbeiten, sondern den ganzen Körper zu aktivieren.
Faszien lösen ohne Rolle/ohne Geräte/ohne Hilfsmittel
Wenn du deine faszialen Verklebungen ohne irgendwelche Hilfsmittel lösen möchtest, empfehle ich dir das Faszien-Yoga mit dem „dynamischen Dehnen“. Dabei machst du weiche, federnde Bewegungen. Hierbei kommt dein ganzer Körper in Schwung und auch dein Herz-Kreislauf-System wird aktiviert. Das macht wirklich Spaß, einige Übungen sind aber auch mega anstrengend!
Faszien lösen mit Rolle und Ball
Wenn du es weniger schwungvoll und lieber etwas passiver halten möchtest, kannst du deine Faszien mit verschiedenen Hilfsmitteln „bearbeiten“. Am bekanntesten sind sicher die Faszienrolle oder die Faszienkugel (auch Faszienball genannt).
Hiermit rollst du sukzessive deinen gesamten Körper ab. Du legst zum Beispiel deinen Fuß auf den Ball und rollst die Fußsohle von vorne bis hinten mit sanftem Druck ab.
Die Faszienrolle wiederum nutzt du, um z.B. deine Beine auszurollen. Dafür sitzt du auf dem Boden, platzierst die Rolle am unteren Ende deiner Wade und rollst dann langsam, mit sanftem Druck nach oben in Richtung Knie.
Wenn du kein Faszien-Euipment hast und trotzdem sofort loslegen möchtest, kannst du dies auch erst einmal mit „Bordmitteln“ aus deinem Haushalt ausprobieren.
Professionelles Faszien-Equipment
Alternatives Faszien-Equipment aus dem Haushalt, mit dem du ausprobieren kannst, ob Faszienarbeit etwas für dich ist
Nimm dir dafür an Stelle der Faszienrolle z.B. ein Nudelholz oder eine volle Wasserflasche (aber bitte nicht aus Glas). Als Ersatz für einen Faszienball kannst du erst einmal mit einem Wäsche-Igelball, einem Tennisball oder sogar mit einem dicken Apfel oder einer Kartoffel starten.
Von Risiken und Nebenwirkungen
Wichtig bei der Faszien Behandlung mit der Rolle ist, dass du immer zum Herzen hin rollst. Durch die Rolle übst du nämlich nicht nur Druck auf die Faszien aus, sondern z.B. auch auf die Venen. Damit es nicht zu Beschädigungen der Venenklappen, Stauungen und Krampfadern kommt, solltest du die Rolle zum Beispiel vom Fußgelenk über die Wade zum Knie rollen und nicht andersherum. Und weiter vom Knie über den Oberschenkel zum Becken.
Bei Krampfadern, Osteoporose, frischen Bandscheibenvorfällen, akuten Entzündungen oder bestehender Schwangerschaft solltest du auf die Arbeit mit den Hilfsmitteln wie Rolle oder Ball verzichten. Im Zweifelsfall sprich einmal vorher mit deinem Arzt!
Faszienarbeit mit Lipödem/Lymphödem?
Übrigens: Auch die Lymphbahnen liegen unter der Haut umgeben von Faszien. Das bedeutet, wenn du von Lipödem oder Lymphödem betroffen bist, kannst du grundsätzlich Faszientraining machen. Dies hängt natürlich sehr an deiner individuellen Situation und dem vorhandenen Schmerzlevel.
Faszientraining kann für dich ausgesprochen gut sein, weil die Faszienübungen den Lymphfluss begünstigen und den Blutstrom im eingelagerten Fettgewebe erhöhen. Bei regelmässiger Praxis kann dies zu einer Schmerzreduktion und Verbesserung der Beweglichkeit führen. Da aber jeder Körper anders ist, sprich lieber mit deinem Arzt, ob das für dich wirklich eine Möglichkeit ist.
Faszienarbeit: wie oft?
Faszienarbeit, egal ob durch das dynamische Dehnen oder mit der Unterstützung von Hilfsmitteln, hat eine Tiefenwirkung. Dein Körper benötigt Zeit zum Regenerieren, daher solltest du das maximal 2-3 Mal pro Woche machen.
Schau am besten, wie es sich für dich anfühlt. Wenn dir 1x pro Woche reicht, ist das fein. Setze dich da nicht unter Druck und agiere mit falschem Ehrgeiz!
Höre auf deinen Körper und dein Wohlbefinden. Du machst das schließlich, damit es dir gut geht!
Praxistipp für schnelle Hilfe im Alltag
Du bist unterwegs oder bei der Arbeit und hast aufgrund von Verspannungen Kopfweh? Eine Faszienrolle oder ein Ball sind gerade nicht vorhanden?
Lies hier, wie du dir auch unterwegs schnell selbst helfen kannst mit zwei Praxistipps aus der ayurvedischen Marma-Therapie:
Wenn du mehr von mir lesen möchtest, schau dir gern meine Artikel z.B. aus der Kategorie asana-Lexikon an. Hier stelle ich dir klassische asanas vor und wie du sie in der Curvy-Variante mit ordentlich Bauch, Bein, Busen und Po durchführen kannst.