Drehsitz: Entfalte deine Mitte in Ardha Matsyendrasana
Der Drehsitz – im Sanskrit Ardha Matsyendrasana genannt – gilt als eine der Grundhaltungen im Yoga. Sie hilft dir nicht nur dabei, die Wirbelsäule geschmeidig zu halten, sie massiert auch deine Bauchorgane, regt deine Verdauung an und wirkt auf geistiger Ebene stressabbauend und harmonisierend.
Was ist der Drehsitz im Yoga?
Der Drehsitz ist eine sitzende Yoga-Haltung, bei der der Oberkörper sanft zur Seite gedreht wird. Das Becken bleibt stabil geerdet, während sich die Wirbelsäule spiralförmig aufrollt. Der Drehsitz ist eine der wenigen Asanas, bei der sich deine Wirbelsäule nicht nach vorn oder hinten beugt, sondern von einer Seit-Dreh-Bewegung erfasst wird.
Diese Dreh-Bewegung stimuliert deine Rückenmuskulatur und regt die Verdauungsorgane an. Durch die Kompression und Dehnung deiner Bauchorgane hat diese Asana eine wunderbar entgiftende Wirkung. Zudem werden deine Lungenflügel “ausgewrungen” und die Übung vertieft deinen Atem.
Die körperliche Wirkung des Drehsitzes
Der Drehsitz ist eine Übung mit verschiedenen Wirkungen, was ihn für mich so reizvoll macht. Der Drehsitz …
- verringert bei regelmässiger Praxis Rückenschmerzen und Schmerzen in den Hüften.
- mobilisiert deine Wirbelsäule.
- entspannt die Schultern und die Nackenmuskeln.
- massiert und lockert deine Rückenmuskeln.
- dehnt deinen großer Gesäßmuskel, die breiten Rückenmuskeln, die schrägen Bauchmuskeln, die Lendenmuskeln und Brustmuskeln.
- aktiviert deine Nieren, die Leber und die Milz.
- massiert die Bauchorgane und regt die Verdauung an.
Extra-Tipp: Wenn du den Drehsitz einnimmst, drehe dich immer zuerst nach rechts und dann nach links. So unterstützt du deine Darmperistaltik. Die Drehung nach rechts öffnet den abwärts-laufenden Dickdarm auf der linken Körperseite. Durch die anschließende Gegenbewegung nach links wird der fortlaufende Darm weiter aktiviert.
Die geistige Wirkung
Jede Yoga-Haltung hat nicht nur eine körperliche Wirkung, sondern auch eine geistige und energetische Wirkung. So wirkt der Drehsitz auf deinen Geist:
- Das sympathische Nervensystem wird entspannt.
- Stress wird reduziert, Nerven gestärkt und beruhigt.
Die energetische Wirkung von Ardha Matsyendrasana
Energetisch betrachtet ist der Drehsitz eine Haltung der Reinigung und Erneuerung. Durch die spiralförmige Bewegung wird Prana – die Lebensenergie – in alle Richtungen gelenkt und stagnierende Energie in Bewegung gebracht.
Die Drehung harmonisiert vor allem das Manipura-Chakra, das Energiezentrum im Bereich des Nabels, das für Verdauung, Selbstvertrauen und innere Kraft steht. Wenn du in die Drehung sinkst, entsteht Raum – im Körper und im Geist – für Loslassen. Alte Emotionen dürfen weichen, dein inneres Feuer wird klarer und ruhiger zugleich.
Nach der Übung spüren viele Yoginis ein Gefühl von geerdeter Leichtigkeit – als hättest du von innen heraus aufgeräumt. Der Drehsitz verbindet Klärung mit Zentrierung und führt dich liebevoll zurück in deine Mitte.
Kontraindikationen: Wann solltest du auf den Drehsitz verzichten?
Bei akuten Rückenproblemen, Bandscheibenvorfällen, in der Schwangerschaft oder nach Bauchoperationen sollte der Drehsitz nur in einer leichten oder unterstützten Variante geübt werden.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Drehsitz richtig üben (im Curvy Yoga)
- Setze dich aufrecht hin, beide Beine sind lang ausgestreckt.
- Stelle nun das rechte Bein auf und lass das Knie nach außen gleiten. Deine rechte Fußsohle berührt das linke Bein.
- Strecke beide Arme nach oben zur Decke und zieh deine Wirbelsäule auseinander (so schaffst du Platz für deine Bandscheiben).
- Nun drehe dich sanft nach rechts zum angewinkelten Knie und lass beide Arme nach unten sinken.
- Deine linke Hand liegt auf dem rechten Knie, die rechte Hand ist locker hinter deinem Gesäß abgelegt.
- Bleibe einige Atemzüge in dieser schönen Drehhaltung. Spüre mit jeder Einatmung die Länge deiner Wirbelsäule nach oben und mit jeder Ausatmung die Drehung.
Du löst diese Haltung rückenschonend auf, indem du die Arme wieder lang nach oben zur Decke streckst, dich dann erst nach vorne drehst und die Arme wieder sinken lässt. Übe nun zur anderen Seite.
Du bist gesund und möchtest den Drehsitz gleich ausprobieren?
Hier findest du meine Youtube-Anleitung für den Drehsitz im Curvy Yoga:
Persönliche Erfahrungen mit dem Drehsitz
Ich mag den Drehsitz wirklich gern, auch wenn er mich manchmal fordert. Gerade wenn ich gestresst bin, mein Geist also sehr unruhig ist, fällt es mir schwer den Drehsitz zu halten. Ich muss mich dann quasi selbst dazu überreden.
Irgendwann kommt allerdings der Punkt, an dem ich wirklich loslassen und mich in dieser Haltung entspannen kann. Das fühlt sich dann richtig gut an und ich spüre, wie auch mein Kopf ruhiger wird und die stressreduzierende Wirkung dieser Asana einsetzt.
Ardha Matsyendrasana: Die Legende. Ursprung und Bedeutung
Hier möchte ich noch einen kleinen Exkurs in den Bereich der Legenden mit dir machen…
Der Sanskrit-Name des Drehsitzes geht angeblich auf den Yogi Matsyendra (auch Matsyendranath) zurück, der als einer der ersten großen Yogameister gilt. Laut Legende war Matsyendra ursprünglich ein Fisch in einem See, der zufällig lauschte, als Shiva und seine Gefährtin Pārvatī am Rande eines Sees saßen und über Yoga sprachen.
Durch die göttliche Energie der Worte wurde der Fisch erleuchtet und verwandelte sich in einen Menschen – Matsyendra, den „Herrn der Fische“.
Als Yogi soll er später viele Schüler unterrichtet haben und gilt daher als Symbol für Transformation, Erkenntnis und innere Wandlung.
Es gibt zwei Versionen dieser Legende, die ich dir nicht vorenthalten möchte:
Die verbreitetste Version
Shiva unterweist seine Gefährtin Pārvatī in den Geheimnissen des Yoga und der Meditation. Während Shiva spricht, belauscht ein Fisch heimlich das Gespräch – und dieser Fisch wird durch die heiligen Lehren transformiert.
Er verwandelt sich in einen erleuchteten Yogi: Matsyendra, der „Herr der Fische“.
Darum heißt es, dass Matsyendra der erste menschliche Schüler Shivas war – wenn auch unabsichtlich.
Er ist der „erste Hörer“ der Yogalehren und gilt als Urvater der Hatha-Yoga-Tradition.
Die alternative (seltener erzählte) Version
In manchen tantrischen Texten und Volkstraditionen wird die Geschichte umgedreht:
Hier ist es Pārvatī, die Shiva den Yoga erklärt. Es heißt, Pārvatī hat Yoga nicht durch Worte gelernt, sondern durch Verkörperung, Hingabe und Liebe. Sie hat die Bewegungen gefühlt, gespürt, was ihr Körper und ihre Seele brauchen und so den Yoga kreiert. Diese Version betont den weiblichen Ursprung der Yoga-Weisheit und die lebendige, schöpferische Kraft, die Bewusstsein in Bewegung bringt.
Als Shiva sie eines Tages fragte, was sie da tut und ob sie ihm das erklären könnte, hat Pārvatī ihm davon erzählt und der Fisch lauschte … So wird sie zur ersten Yoginī – zur Quelle der Praxis.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich finde die zweite Version viel naheliegender, denn der Yoga lehrt uns, …
- dass Weichheit Kraft ist,
- dass Hingabe Erkenntnis schenkt,
- dass der Körper kein Hindernis, sondern ein heiliger Tempel ist,
- und dass Yoga beginnt, wenn wir aufhören, uns zu bekämpfen.
Alles Attribute an das Weibliche und Parvati lehrt uns, uns selbst mit Liebe zu begegnen, uns zu öffnen, zu lauschen – und uns in den alltäglichen Momenten zu spüren.
Symbolik der Haltung
Letztlich ist es egal, welche Version der Legende dich anspricht. Ardha Matsyendrāsana verkörpert:
- Transformation (wie Matsyendra vom Fisch zum erleuchteten Menschen wurde)
- das Drehen und Entgiften – sowohl körperlich (Verdauung, Wirbelsäule) als auch energetisch (Loslassen alter Muster)
- den Weg zur inneren Mitte, indem man die Wirbelsäule spiralförmig aufrichtet und die Energiekanäle ausgleicht.
Ich wünsche dir viel Freude in deiner Praxis, alles Liebe für dich.
Liebe Grüße
Melli
Mentorin für Curvy Yoga und Selbstliebe
PS: Weitere Yoga-Übungen aus dem Curvy Yoga findest du in meinem Asana-Lexikon. Hier stelle ich dir die Übungen und ihre Wirkungen vor und leite dich in einem kurzen Video an.
Wenn du Fragen hast, schreib gern einen Kommentar unter diesen Beitrag oder schreib mir persönlich.
Häufige Fragen zum Yoga Drehsitz
Wie oft sollte ich den Drehsitz üben?
Du kannst den Drehsitz täglich üben, wenn du magst. Der Drehsitz ist eine der Grundhaltungen im Yoga aufgrund seiner vielfältigen und wertvollen Wirkungen.
Was, wenn die Drehung unangenehm ist?
In die Praxis gehört kein Schmerz. Frage deine Yogalehrerin, ob sie Tipps für dich hat.
Kann ich den Drehsitz auch auf dem Stuhl machen?
Ja! Eine tolle Variante für Büro oder Alltag: Setze dich dafür an den Anfang deines Stuhls, bringe auch hier die Arme nach oben und ziehe die Wirbelsäule lang. Dreh dich zur Seite und lege einen Arm an die Seite deines Oberschenkels und den anderen an deinen unteren Rücken.


